Rhône – Tour von Genf nach Lyon

Zusammen mit Arturo von der IG Opencanoe habe ich mir im Frühling während der Kanuferien auf dem Allier vorgenommen, die Rhone von Genf bis Lyon zu bepaddeln.

Sonntag

Am Sonntag früh sind wir bei Arturo in Richtung Genf abgefahren. Bereits um 10:30 sind wir an der ersten prima Einbootstelle angelangt, welche direkt am Nordufer unter der Pont d’Aigues-Vertes liegt. Anschliessend sind wir die Einbootstelle an der Moulin des Frères anschauen gegangen. Auch nicht schlecht aber da darf man nicht 10 Tage parkieren. Und als drittes sind wir beim Camping du Bois-de-Bay gelandet. Der hat zwar keinen Anstoss an die Rhone, dafür kann man hier gut 10 Tage parkieren und er ist nur ca. 10 Minuten Fussmarsch von der ersten Einbootstelle entfernt. Meiner Meinung nach perfekt. Aber nein, man muss sich auf anraten des Baslers noch eine vierte Möglichkeit anschauen: Einstieg nach der Barrage de Verbois (Oppi: km 12). Dort sind wir dann schlussendlich auch eingebootet und haben den Wagen auf dem Parkplatz der Kehrrichtverbrennungsanlage Aire-la-Ville (unter Video-Überwachung) abgestellt.

Stunden später geht es dann endlich los. Die Rhone hat hier starke Pegelschwankungen von bis zu einem Meter, was mich etwas irritiert. Nach ca. 15 Minuten bereits der erste Notstopp: Wir sind uns nicht sicher, ob das Auto abgeschlossen ist. Ich wartete bei den Booten. Währenddessen steigt die Rhone bereits wieder um knapp einen Meter an. Ein komisches Gefühl. Der Fluss ist mir von Anfang an unsympathisch…

Dann, endlich geht es los…

Schon bald erreichten wir das erste Wehr, die Barrage de Chancy-Pougny, welches es zu umtragen gilt. Kurz darauf die Stromschnelle von Pougny-Chancy. Ich suche mir früh, noch vor der Brücke, ein Kehrwasser und inspiziere das Ganze. Arturo erst nach der Brücke und ist schon fast in der Stromschnelle drin. Anschliessend ziehe ich ihn wieder zwei Kehrwasser hoch, damit er noch eine Chance hat den Fluss zu queren, denn die gute Umtragestelle ist links. Nachdem wir beratschlagt und beschlossen haben, hier zu übernachten, helfe ich Arturo zu umtragen. Ich selber beschliesse die Schnelle zu fahren.

Der Plan war gut, die Ausführung weniger. Ich kentere bzw. falle aus dem Boot. Keine Hilfe weit und breit. Also ziehe ich schwimmend mein nicht gekentertes Boot in heftigster Strömung 20 m zum Ufer. Ich schaffe es gerade noch in das letzte Kehrwasser bevor der Fluss auf den nächsten Prallhang mit Bäumen trifft. Anschliessend kämpfe ich mich die ca. 300 m, die ich abgetrieben bin, von Kehrwasser zu Kehrwasser wieder nach oben zu der Stelle, wo wir übernachten und am nächsten Tag wieder einbooten wollten. Unterwegs fragt mich eine Dame, ob ich Hilfe benötige, was ich dankend ablehne, da ich die inzwischen auch nicht mehr brauche. Aber wo ist mein Kompagnon?

Ich baue mein Zelt auf und zieh mich um. Ein ziemlich schlechter Start. Aber Glück im Unglück? Nichts ist verloren oder nass geworden. Dieser Fluss ist mir noch unsympathischer geworden als er Stunden zuvor schon war.

Anschliessend laden uns die sehr netten Leute von Opikanoa (Email, Mobile: +41 79 352 97 07) zu einem Bier bzw. einem Glas Wein ein, machen für uns Feuer und geben uns von Ihrem Taboulé ab…

Der Tag endet versöhnlich. Hier wäre ebenfalls ein sehr guter Platz, die Tour zu beginnen oder das Auto zu parkieren.

Montag

Am nächsten Morgen beim Frühstück schauen die Gemeindearbeiter kurz vorbei, welche die Abfalleimer leeren. Dann geht es los. Heute ist eine Schlucht und der Stausee von Génissat angesagt. Diesen erreichen wir dann auch gegen Abend. Gleich zu Beginn der Stauanlage hat es wunderschöne Parkanlagen, welche völlig abgelegen sind. Wir beschliessen hier zu campieren, da weit und breit keine Menschenseele zu erblicken ist. Aber zuerst gehen wir die Umtragestelle begutachten. Morgen stehen uns 75 Höhenmeter Umtragen bevor.

Beim Abendessen fährt ein Securitas-Fahrzeug vorbei. Wir grüssen höflich in der Hoffnung, dass uns der Sicherheitsmitarbeiter in Ruhe lässt, was er auch tut. Anschliessen verstauche ich mir in einem kleinen Loch in der Wiese fürchterlich den Fuss. Es knirscht ganz übel, hoffentlich ist nichts gerissen?

Wir gehen früh ins Bett. Plötzlich wache ich auf: Scheinwerferlicht ist auf mein Zelt gerichtet, orange Warnblinklichter sind am leuchten und es wird lamentiert. Was ist jetzt los? Hoffentlich scheuchen die uns nicht mitten in der Nach von hier weg. Mühsam ziehe ich mich an und humple zu den beiden Fahrzeugen. Arturo gibt bereits Entwarnung: Es betrifft gar nicht uns. Die beiden Fahrzeuge haben sich nur zufällig hier bei unseren Zelten getroffen und die beiden Fahrer verhandeln den Weg. 100 Meter weiter hinten ist eine Sackgasse! So in etwa muss man sich fühlen, wenn man mitten in der Nacht von einer Polizei- oder Militärrazzia aufgeschreckt wird…

Dienstag

Nach dem Frühstück fangen wir mit der Umtragung an. Der Plan ist, das Boot mit Gepäck zu einer kleinen Wiese zu bugsieren und ab dort das Boot und das Gepäck einzeln den steilen Weg runter zu tragen bzw. zu rollen. Da ich zu faul bin, mache ich die erste Steilpassage auch noch mit Boot und Gepäck und meinen grossen Rucksack lege ich einfach oben auf. Oberhalb eines tiefen Tobels kriegt mein Boot Schräglage, kippt um und zwei meiner Säcke poltern mit Getöse ins steile Tobel runter. Den dritten kann ich gerade noch halten. Der Zweite verfängt sich an einem Baum, den kann ich mir noch holen aber der grosse, rote scheint verloren. Was für eine Sch…-Tour. Ich bringe mein Boot an den Fluss runter und versuche das Tobel von unten, vom Fluss her zu erklimmen. Ich scheitere aber an einer senkrechten Felswand. Also versuche ich es von oben. Mit einem immer noch verstauchten Fuss klettere ich von oben in das Tobel und erreiche tatsächlich meinen Rucksack. Schon wieder Glück im Unglück? Es könnte schlimmer sein! Hoch ist einfacher als runter. Nach einer kurzen Verschnaufpause bringe ich auch mein letztes Gepäckstück zum Fluss runter zu meinem Boot. Die ganze Ausrüstung ist wieder komplett. Arturo ist inzwischen auch so weit. Es kann los gehen.

Gegen Mittag passieren wir die Barrage de Seyssel und kurz drauf wollen wir auf dem Camping in Seyssel (Tel. +33 6.50.58.70.24) zu Mittag essen und was kühles trinken. Aber die Rezeption hat geschlossen. Kein Essen, kein Trinken! Also gehen wir in den nahegelegenen Supermarché und kaufen ein.

Nach dem Mittagessen fahren wir weiter und müssen kurz darauf die Barrage de Chautagne umtragen. Dabei geht mir der Schlauch meines Bootstrolley kaputt. Was für eine Sch…-Tour! Zwei km weiter campieren wir unter einem Strommasten. Ich mache mich sofort auf ins nächste Dorf Mathy um mir bei einer Autogarage Hilfe zu holen. Unterwegs treffe ich ein altes Mütterchen und unterhalte mich etwas mit ihr über ihren schönen Garten, was sie sehr freut. Bei der Garage angelangt unterbreite ich dem Garagisten mein Anliegen, aber er scheint nicht zu wollen. Auf dem Rückweg treffe ich einen Algerien-Veteran und wir plaudern etwas über unsere Tour und Gott und die Welt.

Kurz vor dem Eindunkeln hören wir plötzlich Stimmen. Arturo meint, dass sei auf der anderen Flussseite. Ich gehe nachschauen. 2 Paddler mit ihren 3 Hunden halten direkt Kurs auf unsere Kanus, welche vom Fluss her einsehbar sind. Doug und Allan? sind noch unterwegs. Sie arbeiten in Chamonix auf dem Bau und sind gerade daran Ihre Zeit mit Kanufahren und Gleitschirmfliegen zu verbringen. Ich lade sie zu einem Rosé ein und da Doug heftiges Verlangen nach einer Zigarette hat, suchen wir zusammen ein paar Nielen. Spät in der Nacht, bei völliger Dunkelheit, machen sich die beiden wieder auf den Weg. Sie haben noch mindestens eine Stunde Wegs vor sich.

Langsam bessert sich meine Laune.

Mittwoch

Nach dem Frühstück geht es wieder los. Heute ist die Barrage de Savières dran wo wir wieder in die alte Rhone abzweigen. Diese Umtragung ist sehr lange. Das ist insbesondere anstrengend, da ja das eine Rad meines Karrens kaputt ist. Unterwegs hat es 3 Stromschnellen, welche wir nicht fahren sondern umtragen. Bei der einen Umtragung kommen uns zwei Transporter mit Kanus entgegen. Wir schwatzen ein wenig. Der Fahrer fragt, ob wir uns heute Abend auf dem Camping treffen?

Gegen Nachmittag treffen wir im hübschen Dörfchen Yenne ein. Der Camping Kanoti (Email, Telefon: +33 6.14.33.92.22) liegt direkt am Fluss. Wir schreiben uns ein und merken gleich, dass der Fahrer vom Mittag auch der Campinginhaber ist. Er und seine Partnerin führen den Camping und den Kanuverleih. Super schön und sehr zuvorkommend hier! Er versucht mir sogar zu helfen, meinen Schlauch zu flicken. Hier merken wir erst, dass das aussichtslos ist, da der Schlauch kein Loch hat, sondern das Ventil abgeplatzt ist. Er muss also ersetzt werden. Der Campingwart kramt in seiner Kiste und sucht, ob er noch so ein Rad hat. Leider hat er aber keins in der richtigen Grösse.

Abends gehen wir noch in das Fer à Cheval (Email, Telefon: +33 4.79.36.70.33) lecker Abendessen. Es scheint hier ein Pilgerweg durchzukommen.

Donnerstag

Da offenes Feuer (mit dem Fibi) auf dem Camping verboten ist, verwende ich heute meinen Spritkocher für das Frühstück. Anschliessend geht es wieder los. Kurz nach dem Camping gibt es wieder ein Wehr, welches nur mit bei Niedrigwasser und ggf. bei Mittelwasser passiert werden darf. Bei Hochwasser ist die Strömung zu stark! Ein Teil des Wassers wird für eine kurze Wildwasserstrecke gebraucht. Nach der Umtragung gelangen wir in die wunderschöne Schlucht von La Balme.

Kurz danach fliesst der Rhone-Kanal wieder zu uns in die alte Rhone. Schon bald spüren wir den Rückstau des Wehrs von Bugey. Hier liegen die Häuser teilweise hinter dem Damm unter dem Wasserspiegel. Und ist es extrem heiss. Zudem fängt kurz vor Mittag die Thermik an flussaufwärts zu blasen.

Nach der Barrage gelangen wir in das Naturschutzgebiet. Hier ist es wie im Paradies. Kühl, Bäume, Vögel singen… Aber wo übernachten?

Am vermeintlichen Ende des Naturschutzgebietes, direkt bei der Einmündung des Hauptarmes sehen wir ein Stück gemähtes Ufer. Es hat genau Platz für zwei Zelte. Sofort ist der Platz in Beschlag genommen.

Freitag

Nach dem Frühstück während des Zusammenpackens kommt uns die Besitzerin des gemähten Fleckens besuchen. Sie macht gute Mine zu bösen Spiel und meint, sie wolle uns nicht stören.

Weiter geht es etwas geruhsamer. Mahl kein Wehr heute!

Dafür kommen wir am AKW von Creys-Malville mit dem Reaktor Superphénix vorbei.

Am Nachmittag erreichen wir den Camping Le Point Vert (Email, Telefon: +33 4.74.36.13.45, Mobile: +33 6.43.16.38.24). Sehr nette Inhaber. Wir kriegen sogar einen Platz am Schatten. Es ist wieder sehr heiss heute. Unsere Nachbarn auf dem Camping laden uns sogleich zu einem Bier/Eistee ein. Am Abend gehen wir in die nahegelegene Kneipe Abendessen. Es ist richtig Ramba-Zabma los hier. Morgens um zwei kehrt Ruhe ein.

Samstag

Das Abendessen scheint uns nicht so gut bekommen zu haben. Wir müssen beide unterwegs mal hinter die Büsche. Kurz drauf kommt auch schon die Barrage Sault-Brenaz mit einem weiteren Wildwasserkanal. Vielleicht hätten wir besser hier übernachtet? Wir booten in einer ehemaligen Schleuse ein.

Weiter geht’s. Heute kommen wir gut voran.

 

Wir sind genau vor dem militärischen Sperrgelände als plötzlich weiter unten am Fluss ein Höllenlärm losgeht. Sieben oder acht Gefährte kommen uns mit hohem Tempo entgegen und das sind definitiv keine Boote. Hoffentlich sind wir nicht in eine Militärübung geraten. Die Dinger entpuppen sich als Hoovercrafts und da sie bunt sind, sind sie wohl eher nicht militärischer Natur.

 

Ich mache Arturo drauf aufmerksam, dass wir langsam einen Nachtplatz suchen sollten, wenn wir nicht schon heute in Miribel ankommen wollen. Doch er hört nicht zu. Und eh wir uns versehen sind wir schon fast an der Barrage de Jonage.

Wir übernachten unter einer Hochdruck-Gas-Pipeline. Am Abend kommt noch ein Fischer vorbei und klärt uns auf, dass das ganze trübe Wasser der Rhone daher stammt, dass die Schweizer Kraftwerke die Becken reinigen. Sonst sei das Wasser klar.

Später kommt ein wenig Regen auf und ein heftiger Wind zieht über uns hinweg.

Sonntag

Heute stehen wir sehr früh auf. Wir wollen um 10 Uhr in Miribel sein, damit wir den 10:21 Zug nach Genf erreichen. Arturo befürchtet zudem, dass wir sehr lange bei der Barrage de Jonage verbringen werden. Nach kurzer Zeit sind wir bereits da. Das Umtragen ist für uns inzwischen ein Klacks. Um 8 Uhr 30 sind wir in Miribel. Wir hätten fast noch den früheren Zug geschafft.

Es geht eine Diskussion los, ob der Billetautomat Kreditkarten akzeptiert und ob Billette bis Genf gelöst werden können. Ich erhalte Recht durch einen tatkräftigen Beweis. Frankreich ist ja schliesslich kein Entwicklungsland! Arturo geht das Auto in Genf holen. Um 16 Uhr 30 ist er wieder bei mir. Wir verladen das Material und ab geht es heimwärts. Gegen Mitternacht bin ich wieder zurück in Uster.

Nach dem sehr schlechten Start hat sich das Unternehmen doch noch zum Positiven entwickelt. Am Schluss war mir die Rhone sogar wieder sympathisch. Mit ca. 180 km auf dem Fluss in 8 Tagen (knapp 25 km/Tag) mit 9 Stauwehren und insgesamt ca. 150 Höhenmetern war das bisher meine anspruchsvollste Tour. Mal schauen, was als nächstes kommt? Vielleicht Isle of Arran? Das Boot dazu ist schon fast meins.

Literatur

DKV-AUSLANDSFÜHRER, Band 3, SÜDFRANKREICH, KORSIKA, Seite 71 – 74
Flussführer Rhone ab Genf und Frankreich von Siesta Oppi Kanushop GmbH