Wer mich etwas kennt, weiss, dass ich lieber selber etwas aushecke, als anderen hinterher zu latschen. Wenn man Neuling ist, ist das etwas schwieriger, als wenn man schon ein alter Fuchs ist.
Bereits letztes Jahr habe ich mir in den Kopf gesetzt, den Toce zu befahren. Die Vorzeichen waren nicht allzu gut. Die Idee stiess nicht sonderlich auf Begeisterung. Einige alte Koryphäen, welche schon sämtliche Flüsse der Welt befahren haben sollen, sagten: „geht nicht bzw. nur im Frühjahr, und überhaupt…“ Dann habe ich diesen Frühling die Reko-Tour mit der IGOC familiär bedingt, terminlich versiebt.
Als Führermaterial stand uns wie folgt zur Verfügung:
- Ein Bericht von Riccardo Faggiana,
- der DKV Führer Gewässer des Tessins (Schweiz und Italien) und
- ein italienischer Führer zum Toce.
Allen schlechten Vorzeichen zum Trotz konnte ich Arturo und Prinz von der Idee begeistern und Paul wollte plötzlich doch auch noch mitkommen… Also habe ich mich Freitag, sofort nach der Arbeit, mit meinem Biber im Schlepptau auf den Zug in Richtung Domodossola gemacht. Es ist schon faszinierend, wie man heute in gut 3 Stunden von Uster nach Domodossola kommt. In Domodossola haben mich Arturo und Paul abgeholt. Die abgemachten Erkundigungen haben Sie nicht durchgeführt aber wenigstens haben sie einen Plan für die erste Übernachtung gehabt. Ziel: Flugfeld von Masera. Unterwegs sind wir dann im Agriturismo Moonlight (Azienda Agricola Fabbri, Via P. Ferraris (zona Snam), I-28855 Masera (VB), Telefon: +39 335 524 9015) gelandet, welches man durchaus empfehlen kann.
Am nächsten Morgen ging es dann endlich los. Als erstes mit Rekognoszieren der Einstiegsstelle und prüfen des Wasserstandes nach dem grossen Wehr bei Piedimulera.
Einstiegsstelle
Der Einstieg bei der Brücke über den Toce ist ideal. Kurz vor der Brücke rechts abbiegen. Man kann mit dem Auto bis 100 m zum Einstieg fahren. Der Rest lässt sich mit dem Bootswagen bewältigen. Das Auto kann nach der Brücke beim Restaurant/Tankstelle abgestellt werden. Ist alles Videoüberwacht. Die Einheimischen meinen, es sei dort sicher.
Wasserstand
Es gab vorgängig verschiedene Aussagen, welche von „geht nur im Frühling und sonst gar nicht“ bis zu „kein Problem“ reichten.
Wir haben es vom 6. bis 8. August probiert bei folgenden Ständen:
Domodossola: 0.68 m (0.68 max, 0.68 min)
und Candoglia: 0.34 m (0.47 max, 0.25 min)
Ca. 5 mal mussten wir aussteigen und das Boot über seichte Stellen schleppen. Sonst konnten wir alles fahren. Der Pegelverlauf bei Candoglia 2016 sah wie folgt aus:
Somit konnte man April bis August fahren.
Erster Tag
Zuerst mal unser Expeditionsteam: Paul
und Arturo mit Prinz:
Schon kurz nach dem einstieg geht es lustig schaukelnd mit immer mal wieder einer kleinen Stromschnelle Fluss abwärts. Allgemeine Schwierigkeit nie mehr als WW 2.
Ich liebe das Glitzern des Wassers in der Sonne. Es ist wie im Märchen!
Ab und zu muss der Leader schauen, wo es lang geht. Bzw. wie man die Stromschnelle am besten fährt um noch genügend Wasser unter dem Kiel zu haben.
Und huiii… Schon geht es wieder ein Stück weiter…
Ihn kann nichts erschüttern. Man sieht die Routine.
Ein kleiner Schwall bring Abkühlung.
Zwischendurch wird es auch gemütlich.
Die grösste Herausforderung am ersten Tag war das Wehr von Piedimulera. Dieses kann NICHT gefahren werden und muss umtragen werden. Ausbooten auf der linken Seite ca. 30 m vor dem Wehr beim Wärterhäuschen. Entweder Boote direkt beim Wehr über den Zaun schmeissen, oder links von der Villa auf die Strasse bugsieren. Anschliessend gleich beim Wehr wieder einbooten (ein Robinienurwald gilt es hier zu meistern) oder aber einen knappen Kilometer mit Bootswagen zur Brücke und rechts gut wieder einbootbar.
Dieses Stück hat uns zweieinhalb Stunden Zeit gekostet!
Die erste Tagesetappe ist geschafft. Wir haben ca. 14 km hinter uns gebracht und schlagen unser Lager auf und essen zu Abend auf einer Sandbank mit wunderschön feinem Sand bei Vogogna.
Alle packen ihre mitgebrachten Esswaren aus.
Zweiter Tag
Am nächsten Tag haben wir schon eine halbe Stunde nach dem Start eine Möglichkeit zum Campieren gefunden: Der Fischer-See (Facebook) Lago di Megolo. Campieren darf man dort nur als Fischer. Wenn Ihr also dort übernachten wollt, gebt Euch als Fischer aus!
Weiter geht es einer wunderschönen Gebirgslandschaft entgegen. Die Anza hat sich inzwischen mit dem Toce vereinigt. Ab hier hat es das ganze Jahr über genügend Wasser.
Was sich am ersten Tag bereits angekündigt hat, trifft uns jetzt voll: Der recht starke Bergwind. Wenn man nicht paddelt, treibt es einen den Fluss wieder hoch. Jetzt hilft uns aber die Strömung nur noch wenig.
Die Herausforderung des zweiten Tages lag in diesem Blockwehr. Wie waren uns alle einig, dass wir dieses nicht fahren wollten. Berichten zu folge, soll es fahrbar sein. Wir legten am zweiten Pfeiler von rechts an und trugen unsere Boote nach unten und wasserten dort wieder ein.
Unterwegs hat mich immer wieder diese wunderschöne Wasserpflanze fasziniert mit Ihren Blüten welche manchmal über, manchmal unter Wasser waren. Irgend ein Insekt hat hier wohl eine Aufgabe zu erledigen.
Nach weiteren 17 km haben wir unser zweites Nachtlager erreicht. Wir mussten uns entscheiden, ob wir es bis zum Zeltplatz am See durchziehen oder vorher noch was suchen. Da Sommerferien sind und der Zeltplatz voll zu sein scheint halten wir ausschau nach einer Möglichkeit. Und siehe da, welche schöne Stelle.
Bevor es dunkel wird, kommt noch der Besitzer dieses hübschen Fleckchens vorbei: Eine Biberratte. Sie verschwindet aber zielstrebig in ihren Bau, welcher sich praktisch unter unserem Lager befindet.
Dritter Tag
Am nächsten Morgen bereiten sich die ersten von uns bereits wieder für die Zivilisation vor.
Heute haben wir Glück. Der Wind hat plötzlich aufgehört. Er scheint rechts vom Montorfano durchzubrechen.
Nach weiteren 4 km sehen wir unser Ziel vor uns: Den Lago Maggiore.
Aus diesem Tal kommen wir her.
Die 3. Etappe endete nach ca. 8 km in Baveno, wo wir am öffentlichen Strand anlanden. Hier kann man auch gut parkieren und die Boote wieder verladen.